MusikWald.SH
MUSIKWALD.SCHLESWIG-HOLSTEIN
Neue Facetten für die musikpädagogische Arbeit mit Kindern
Mit dem Pilotprojekt „MusikWald.Schleswig-Holstein“ hat der Landesverband der Musikschulen in Schleswig-Holstein ein neues Musikschulangebot für Kinder im Vor- und Grundschulalter entwickelt und erprobt. Kooperationspartner waren die Schleswig-Holsteinischen Landesforsten AöR, das Nordkolleg Rendsburg und die Musikhochschule Lübeck. Es wurden Synergien zwischen Waldpädagogik und Elementarer Musikpädagogik identifiziert und neue Unterrichtskonzepte entwickelt. Gefördert wurde das auf rund zwei Jahre angelegte Vorhaben von der Bingo! Projektförderung Schleswig-Holstein und dem Ministerium für Allgemeine und Berufliche Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Schleswig-Holstein.
Das Projekt wurde von Juli 2021 bis August 2023 durchgeführt und gliederte sich in verschiedene Projektphasen. Außerdem fand im Jahr 2023 ein Fachtag sowie ein Projekt-Roll-out (MusikWald-Familientage) statt.
Ausführlicher Projektbericht
MusikWald-Familientage
Im Frühjahr 2023 wurde mit einer Projekterweiterung landesweit ein weiteres MusikWald-Kursformat erprobt. Im Rahmen diese Projekt-Roll-outs konnten Familien aus ganz Schleswig-Holstein an sogenannten MusikWald-Familientagen teilnehmen, die an 11 Terminen bis einschließlich August 2023 kostenfrei in verschiedenen Wäldern Schleswig-Holsteins stattfanden. Es gab einen regelrechten Ansturm auf die insgesamt 85 Plätze für die Familientage. Insgesamt bewarben sich über 130 Familien für das kostenfreie musikpädagogische Angebot. Die Familien kamen aus verschiedenen Regionen des Bundeslandes. Die Familientage fanden in Lübeck, Oldesloe, Quickborn, Rendsburg, Schobüll und auf Amrum statt.
Die MusikWald-Familientage wurden nach Durchführung auf Grundlage eines Online-Fragebogens evaluiert. 91% der befragten Familien vergaben fünf Sterne (höchste Bewertung) für das Gesamtkonzept des musikpädagogischen Unterrichtsangebotes - 71% würden das Angebot aktiv bewerben und weiterempfehlen. An den Kursen nahmen Familien mit unterschiedlichen kulturellen und sozialen Hintergründen teil, die oftmals noch keine Berührungspunkte mit Musikschulen hatten. Dies lag u.a. auch daran, dass gezielt Familienzentren, soziale Einrichtungen und Vereine angeschrieben wurde und dass das Angebot kostenfrei und niederschwellig gestaltet war.
Die Evaluationsergebnisse lassen den Schluss zu, dass eine Weiterführung des Vorhabens - z.B. an Musikschulen - erfolgversprechend wäre.
MusikWald.SH-Fachtag
Musik & Natur: Wälder aus zwei Perspektiven entdecken.
Neue Angebote an öffentlichen Musikschulen in Schleswig-Holstein mit Synergien aus Elementarer Musik- und Waldpädagogik für Kinder im Vor- und Grundschulalter
Musik im Wald. Wald und Musik. Am 19. Februar 2023 fand im Nordkolleg Rendsburg ein Fachtag zum Pilotprojekt „MusikWald.Schleswig-Holstein“ statt und präsentierte das neue musikpädagogische Bildungsangebot für Kinder im Vor- und Grundschulalter. Bei MusikWald werden zwei pädagogische Disziplinen auf eine einzigartige Art und Weise miteinander verbunden: die Elementare Musik- mit der Waldpädagogik. Die Vizepräsidentin des Landtages Schleswig-Holstein, Jette Waldinger-Thiering MdL, eröffnete den Fachtag mit wertschätzenden Begrüßungsworten. Von Anfang an hat sie dieses besondere Vorhaben unterstützt und blickt nun mit Stolz auf die Projektergebnisse.
Beim Fachtag standen eben diese Ergebnisse im Mittelpunkt. Neben Keynote-Präsentationen von Prof. Marno Schulze (Professor für Elementare Musikpädagogik, Musikhochschule Lübeck) und Prof. Elisa Läubin (Professorin für Elementare Musikpädagogik, Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover), die das Projekt aus einer wissenschaftlichen Perspektive beleuchtet haben, ging es für die Teilnehmenden auch in den Wald. Dort konnten sie den Wald und seine Bewohner*innen während einer Lehrprobe aus einer musikalischen Perspektive erleben. Zum Schluss wurden Zukunftsfragen und Impulse für die eigene Arbeit bei einem World Café diskutiert und geteilt sowie den im Projekt ausgebildeten MusikWald-Pädagog*innen die Zertifikate verliehen. Für alle Projektbeteiligten steht fest – dies kann nur der Anfang sein.
„In den letzten zwei Jahren ist ein Bildungsangebot entstanden, das eine neue Welt für die Musikschullandschaft eröffnet. Die Kinder können spielerisch die Erlebniswelt Wald mit Flora und Fauna über die Musik erforschen. Und auch für die Musikschulen ergeben sich neue Kooperationsmöglichkeiten und Angebotsformen“, so Dr. Rhea Richter, Geschäftsführerin des Landesverbandes der Musikschulen in Schleswig-Holstein. „Wir sind stolz, dass wir hier in Schleswig-Holstein solch ein innovatives Bildungsangebot entwickelt haben, das im Verband deutscher Musikschulen bundesweit einmalig ist.“
MusikWald ist mehr als die Flucht mit einem Instrument in die Natur. Bei diesem Bildungsangebot geht es darum, die Natur über die Musik zu erkunden. Herkömmliche Musikschulangebote aus dem Bereich Elementare Musikpädagogik, die insbesondere Kinder im Vor- und Grundschulalter an die Musik heranführen sollen, werden durch dieses Projekt noch facettenreicher. Die Kinder können bei MusikWald die Aspekte der musikalischen Früherziehung erleben. Sie können singen, Instrumente kennenlernen und sich zur Musik bewegen. Gleichzeitig werden sie altersgerecht an Themen aus den Bereichen Umwelt, Natur und Nachhaltigkeit herangeführt.
Das Pilotprojekt „MusikWald.Schleswig-Holstein“ wurde mit Mitteln der Bingo!-Projektförderung Schleswig-Holstein und des Ministeriums für Allgemeine und Berufliche Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Schleswig-Holstein gefördert. Kooperationspartner des Projektes waren der Landesverband der Musikschulen in Schleswig-Holstein, die Musikhochschule Lübeck, die Schleswig-Holsteinischen Landesforsten sowie das Nordkolleg Rendsburg.
Evaluation
Das Pilotprojekt hat viele Erfolge erzielt: MusikWald.SH ermöglichte jungen Musikschüler*innen nicht nur den Zugang zur Musik, sondern auch eine altersgemäße Beschäftigung mit gesellschaftlich relevanten Themen aus den Bereichen Umwelt, Nachhaltigkeit und Natur. Sie haben spielend und lauschend die Umgebung erforscht und wurden begleitet von verschiedenen Klängen und Eindrücken auf eine spannende Entdeckungsreise in die Welt des Waldes und der Musik mitgenommen. Gleichzeitig bedeutete es für die Musikschularbeit, dass neue Zielgruppen und Kooperationspartner erschlossen werden konnten. Bisher war es für Musikschulen methodisch und didaktisch kaum möglich, mit den rund 120 Wald- und Naturkindergärten in Schleswig-Holstein zusammenzuarbeiten, da sich die Konzepte des Elementaren Musikunterrichtes auf geschlossene Räume beschränkten. Die neuen MusikWald-Konzepte gehen nun über die bloße Mitnahme von Instrumenten in die Natur hinaus, ermöglichen die Beschäftigung mit Musik im Wald und greifen wesentliche Inhalte der Waldpädagogik auf. Dies ist innovativ und im Verband deutscher Musikschulen bundesweit einmalig.
Die Erprobung erster MusikWald-Unterrichtsstunden in den schleswig-holsteinischen Wäldern hat auch wichtige Erkenntnisse für die zukünftige Gestaltung und Organisation von MusikWald-Angeboten eingebracht. Unter anderem wurde deutlich, dass MusikWald-Unterrichtstunden mehr Vorbereitungsaufwand für die Lehrkräfte bedeuten. So muss eine MusikWald-Lehrkraft, den Wald vor jedem Unterricht auf mögliche Gefahren und Veränderungen prüfen. Dies nimmt mehr Zeit in Anspruch, als einen Unterrichtsraum in der Musikschule vorzubereiten.
Auch die Durchführung der Unterrichtsphasen ist deutlich zeitintensiver und fordert mehr Verantwortung seitens der Betreuungspersonen. Der Wald regt die Kreativität und Bewegungslust der Kinder an, sodass ein höheres Maß an Flexibilität und Spontaneität von der Lehrkraft gefragt ist. Bewährt haben sich das Einplanen von längeren Einheiten für das freie Spielen im Wald sowie ein großzügiger Betreuungsschlüssel für die Gruppe. Letzterer ermöglicht außerdem eine individuelle Betreuung der Kinder sowie eine inklusive Gestaltung des Angebotes.
Fazit & Ausblick
Das Pilotprojekt „MusikWald.Schleswig-Holstein“ hat zwei Aspekte verdeutlicht, die eine enorme Relevanz für die gesamte Musikschullandschaft haben:
(1) Neue Touchpoints: Musikalische Bildung profitiert insbesondere im Elementarbereich von interdisziplinären Verknüpfungen. Durch die Kombination von Musik und Wald ist es gelungen, den Zugang zur Musik für Eltern und Kinder wesentlich zu erleichtern.
(2) Neue Zielgruppen: Eltern nehmen eine Schlüsselrolle in der musikalischen Bildung ein, da sie ihren Kindern die Teilhabe ermöglichen. Angebote für Familien bzw. Eltern-Kind-Gruppen sollten daher ausgeweitet und stärker verankert werden.
Nach Abschluss des Projektes sollen die ausgebildeten MusikWald-Pädagog*innen das neue Unterrichtskonzept an ihren Musikschulen fortführen und etablieren. Dafür bieten sich verschiedene Formate an, die im Rahmen des Projektes umfangreich erprobt wurden.
Der Landesverband der Musikschulen in Schleswig-Holstein strebt eine Weiterführung des Projektes sowie erneute Durchführung der Weiterbildung für Musikschullehrkräfte an, um MusikWald.SH weiter auszubauen. Leider fehlen hierfür noch Fördermittel.
Es wird jedoch aus eigenen Mitteln eine Familien-Musikfreizeit auf die Beine gestellt. Inhaltlich und methodisch-didaktisch sollen weiterhin Musik und Natur miteinander verbunden und auf diese Weise ein niederschwelliger Zugang zur Musik ermöglicht werden. Bei diesem Ferienangebot, das im August 2024 in Tönning stattfinden soll, können Familien mit ihren Kindern ein langes Wochenende an der Nordsee verbringen und verschiedene Naturräume musikalisch entdecken. Dabei bekommt die gesamte Familie Impulse für mehr Musik im Alltag.
Team & Partner
Projektleitung
Dr. Rhea Richter
Geschäftsführerin des Landesverbandes der Musikschulen in SH
Julia Röber
Projektreferentin
Expert*innen- & Dozierendenteam
Prof. Marno Schulze
Professor für Elementare Musikpädagogik an der Musikhochschule Lübeck
Prof. Elisa Läubin
Professorin für Elementare Musikpädagogik an der HMTM Hannover
Kerstin Schiele
Waldpädagogin bei den Schleswig-Holsteinischen Landesforsten